Juni

14

ANNETTE

Mit Wind zwischen 17 und 27 Kn nahmen wir an diesem Tag Kurs auf die Gesellschaftsinseln. Unser absolutes Traumziel war die Insel Bora-Bora, der Inbegriff des Südsee-Feelings, welche wir nach ca. 1 ½ Tagen erreichen sollten. Der Tag auf See begann mit einem grandiosen Regenbogen, der sich vor uns über den gesamten pazifischen Ozean erstreckte. Ein Wechselspiel von Regen, Sonne und Wolken sorgte noch für weitere spannende Ausblicke in den Himmel. Wie auch schon die anderen Tage auf See fand jeder außerhalb seiner Wache einen gemütlichen Platz auf der VAVA-U, ging seinen Gedanken nach oder ließ sich in den Schlaf wanken. Und es schwankte ganz schön! Bei Wellen zwischen 5 und 6 Metern Höhe schwappte auch die ein oder andere einmal zu uns herein und weckte uns schlagartig wieder auf. Dann nahmen wir Abwischer und Putzlappen in die Hand und hatten im Anschluss immerhin wieder einen sauberen Cockpit-Boden. Gegen 23 Uhr nahm die Wellenhöhe ab während uns der Wind weiterhin gut voranbrachte. Am frühen Morgen des 15.Junis sahen wir dann gegen 5 Uhr Land und waren uns sicher, dass wir am kommenden Tag viele tolle Erlebnisse auf Bora Bora haben würden.

Juni

13

ANNETTE

Um pünktlich zu unserem Tagesausflug Pick-up am Pier zu kommen, stiegen wir schon um 7:45 Uhr ins kleine Dinghy für den Landgang.
Dort erwartete uns ein Jeep, der uns auf der Ladefläche zum zweiten Kanal des Atolls führte. Damit kamen wir gleichzeitig noch in den Genuss einer mehr als 15 km langen Inselrundfahrt.
Als an der Sammelstelle alle Gäste eingetroffen waren, ging es um 9 Uhr hinaus ins Atoll.
Zuvor hatte uns der verantwortliche Guide aber noch übermittelt, dass auf der einstündigen Fahrt zur Blauen Lagune an diesem Tag zwei Kapitäne mit an Bord sein würden, denn es würde eine raue See erwartet werden.

Das war dann auch so!
Unser Steuermann überzeugte uns durch sein, soweit eben möglich, vorausschauendes und sicheres Fahren. Zudem war er ein total lustiger Geselle. Seine Fröhlichkeit wurde noch dadurch unterstrichen, dass sich bei seinem Lachen nur zwei helle Zähne rechts und links zeigten. Keinerlei Scheu wegen der riesigen Zahnlücke, sondern ganz im Gegenteil richtig viel Herzlichkeit.

Glücklicherweise hatte ich die Seite des Bootes gewählt, an welcher der Spritzschutz herabgelassen war. Die Anderen wurden fast bei jeder Welle getauft. Nach einer Stunde kamen wir bei der Blauen Lagune von Rangiroa an. Sie lag wie ein friedliches Paradies in der wilden See. Geschützt von Riffen hatte sich um zwei Inseln eine sehr flache türkis gefärbte Bucht gebildet. Schon der Ausstieg vom Boot ins Meer und das Durchwaten des hüfthohen Wassers hatte Chris und mich an unseren Trip mit Tao Philippines erinnert. Auch dort waren wir auf unbewohnten Inseln angekommen, welche schwerer zugänglich waren. Doch auch der Rest schien vergleichbar, denn auf dem paradiesischen Fleckchen im Atoll waren Bambushütten und Sitzbänke aufgebaut, die uns zum Mittagsbuffet einen hübschen Platz boten.

Während wir durch das warme seichte Wasser wateten und die ersten Haie bestaunten, begannen unsere Kapitäne sofort mit unserer Verpflegung. Auf geflochtenen Blättern servierten sie Kokosnuss-Stückchen, Chips und Ananas bis das Mittagessen soweit war. Gleich zu Beginn wurde Feuer gemacht, damit Hähnchen und vor allem der richtig leckere Fisch serviert werden konnte. Alles in allem eine köstliche Verpflegung, denn auch das geliebte Kokosbrot stand mit auf dem Buffet.

Vor und nach dem Mittagessen genossen wir die Umgebung der Insel, wobei es uns vor allem die Black-tipped Sharks angetan hatten. Im seichten Wasser über der langen Sandbank der Lagune schien ein ganzes Aufzuchtbecken dieser hübschen Haie zu sein. Denn kaum hatte ich mich in das flache Wasser gesetzt, sah ich auch schon ringsum kleine schwarze Dreiecke aus der Oberfläche spitzen, welche um mich kreisten. Die Männer hielten alles mit den Gopros fest, aber auch die Drohne kam an so einem Spitzenplatz natürlich wieder zum Einsatz.

Als Nachspeise erhielten wir neben exotischen Früchten auch noch ein Ukulele-Konzert unserer Kapitäne, die sich spätestens damit als Allrounder bewiesen. Gemeinsam stellten wir fest: „Mehr Südsee geht aber ned!“

Vermutlich hatten diese Begeisterung auch die Chinesen empfunden, was sie dazu veranlasst hatte für ein Foto auf ein klapperiges Gestell im Meer zu klettern, was eigentlich nur als Tresen zum Gläserabstellen gedacht war. Schon vom Winkel der knorrigen, schmalen Pfähle erkannten wir: „Das wird nix!“ Die junge Chinesin sah dies jedoch anders und kletterte zuversichtlich hinauf während sich ihr Liebster mit seiner Kamera in Stellung begab. Wie in Zeitlupe sahen wir das Gestell samt der Lady, wie von uns prognostiziert, in eine sanfte Abwärtsbewegung starten. Immerhin rettete sie sich noch mit einem flotten Sprung in die Lagune bevor Schlimmeres passierte.

Wenig später hieß es auch schon wieder, alle zurück aufs Boot, denn wir machten noch einen kurzen Halt am Außenriff bevor wir von der Blauen Lagune Abschied nehmen mussten. Am Riff hatten sich schätzungsweise 80 Haie versammelt, welche auf die Fütterung der Fischreste unseres Mittagsessens warteten. Zuvor bot sich die einzigartige Möglichkeit mit ihnen eine Runde zu schwimmen, was Felix und Markus auch mit Begeisterung taten. Rechtzeitig zur Fütterung waren sie wieder sicher an Bord, so dass wir das Gemetzel von oben betrachten konnten.

Von 14 bis 15 Uhr zeigte unser Kapitän dann wieder sein Können in den Wellen. Es war ein ganz schöner Ritt gewesen, den Markus mit „mega!“ betitelte. Ich für meinen Teil, hatte hingegen weitestgehend versucht die Schläge in die Wellen gedanklich weg zu summen… aber was tat man nicht alles um an einen spektakulären Platz zu kommen! Und das war die Blaue Lagune definitiv!

Sicher am Pier angekommen, ließen wir uns wieder zu unserem Dinghy zurückbringen und kamen gerade noch rechtzeitig an, denn wir wollten um spätestens 17 Uhr in See stechen.

Das klappte auch tadellos und wir bekamen mit Anker lichten, Segel setzen und Atoll verlassen eine Punktlandung vor dem Sonnenuntergang hin. Überraschenderweise erwartete uns eine total gemütliche Fahrt, also das absolute Gegenteil unseres Tagesausflugs, allerdings dafür mit ordentlich Nieselregen.

Für uns war die Blaue Lagune von Rangiroa ein gelungener Abschluss der Tuamotus-Atolle gewesen! Wir alle freuten uns nun Kurs auf die Gesellschaftsinseln zu nehmen und hofften genug zeitlichen Puffer zu haben, um sich den ein oder anderen Wunsch eines Traumzieles vor Ort erfüllen zu können.

Juni

12

ANNETTE

Dank dem Wind der Nacht waren wir zügig auf „Rangi“ zu gesegelt, wie die Bewohner das Atoll Rangiroa liebevoll nennen.
Da wir erst bei Helligkeit einlaufen wollten, änderte Martin gegen 4 Uhr nochmals unseren Kurs. Wir schindeten quasi Zeit indem wir vor der Küste Rangis entlangfuhren.

Mit aufgegangener Sonne holten wir sofort das Segel ein, wieder einer dieser Momente, die ich sehr genoss. Für dieses Vorhaben war die Müdigkeit wie weggeflogen. Mit den Segelschuhen morgens auf dem Katamaran stehen und das weiße Segel in seine grüne Hülle zu verpacken war ein sehr zufriedenstellendes Gefühl. Gemeinsam sahen wir danach auf den Einfuhrkanal von Rangiroa, in dem ordentlich Strömung zu sehen war. Martin lenkte uns um 6:30 Uhr geschickt hindurch und wurde auf seiner Kapitänsseite mit zwei Delphinen belohnt, die neben ihm in die Höhe hüpften.

In der Nähe eines bekannten Resorts fanden wir einen wirklich hübschen Ankerplatz, der zudem nicht weit vom Land entfernt lag.
Doch bevor wir in den Ort aufbrachen, befriedigten wir erst ein paar Grundbedürfnisse: Essen und Schlafen! Bis 10:15 Uhr gönnten wir uns eine sehr kraftspendende Pause und hüpften dann ins kleine Dinghy, um über das dunkeltürkise Wasser zu düsen.

Im Ort landeten wir bei einer Tauchschule, die uns weiterhalf für den Folgetag einen Ausflug zur Blauen Lagune zu buchen. Wir hatten uns entschieden einen weiteren Tag zu bleiben um in den Genuss dieses Platzes kommen zu können. Nachdem wir dies geregelt hatten, kauften wir in einem kleinen Supermarkt noch ein paar „Grundnahrungsmittel“ ein: Erdnussbutter und Schokolade! Zwei sehr bedeutsame Begleiter unserer Reise. Aber auch über Salat und einen Kürbis durften wir uns freuen, was auf den Tuamotus nicht selbstverständlich war. Wir hatten gehört, dass die Einheimischen wochenlang auf Gemüse- und Obst-Nachschub warteten, denn auf den Inseln konnten sie sich nichts anbauen. Nur das Versorgungsschiff Aranui 5 lieferte ihnen in regelmäßigen Abständen vitaminreichere Kost. Wifi war ebenfalls Mangelware, so dass wir ohne Kontaktmöglichkeit nach Hause wieder aufs Boot zurück gingen.

Am frühen Nachmittag folgten wir einer Empfehlung der Tauchschule indem wir hinter einer kleinen Insel am Einfuhrkanal schnorchelten. Dort war von der Strömung nur wenig zu spüren, so dass wir den großen Fischreichtum über den Korallen bewunderten. All die vielen einzigartigen Südsee-Wesen: Trompetenfische, Hornspechte, Papageienfische, Masken-Nasendoktoren, Falterfische in allen Farben und zwei große Haie.
Ein lustigeres Exemplar mit langer Nase, einer der an ein menschliches Gesicht erinnerte usw. Alle miteinander kletterten wir beflügelt in unser Dinghy zurück. Dabei entdeckten wir unter unserem Boot zahlreiche gelbe Falterfische, die sich einen Spaß mit uns zu machen schienen. Einige von ihnen standen tatsächlich auf dem Kopf oder lagen quer im Wasser. Zu witzig was man mit dem richtigen Blick unter Wasser so alles entdecken konnte.

Zur späteren Stunde entschieden sich Markus und Felix noch zu einem Besuch im nahe gelegenen Resort wohingegen Chris und Martin die Drohne frei ließen und ich für das Abspeichern unserer Erinnerungen sorgte.

Der 10.Tag des Törns hatte sich von „gerädert“ in „erstaunlich glücklich“ gewandelt!
Beseelt von den Erlebnissen des Tages starteten wir in einen ruhigen Abend in Rangi.

Juni

11

ANNETTE

Wenn es an Bord der VAVA-U etwas Besonderes gibt, dann ist es das frisch gebackene Brot von Martin!
Vor allem Chris und ich, die mit diesem Morgen den 306. Tag auf unserer Weltreise einläuteten, genossen dies sehr. In wie vielen Ländern gab es schließlich schon ein richtiges Krustenbrot? Doch unser Kapitän hatte am Vortag mehrere Laibe in seinem Katamaran-Backofen gezaubert, was wir uns nun zum Frühstücksei schmecken lassen durften.

Für diesen Morgen hatten wir uns die Erkundung des Waldes vorgenommen, den wir bereits am Vortag entdecken wollten. Daher machten wir uns um viertel vor 9 mit dem Dinghy auf zur anderen Atollseite. Etwa 20 Minuten später legten wir am palmenreichen Strand der türkisfarbenen Bucht an und stolperten dabei fast über eine auf dem Rücken liegende große Krabbe, die gerade ihre letzten Atemzüge zu machen schien. Trotz Umdrehen, Wasser und Schutz unter den Palmenwurzeln schien sie jedoch nicht weiter lebensfähig.
Einige viel lebhaftere Exemplare fanden wir dagegen vor, als wir uns weiter in den Wald aufmachten. Schon auf der Fahrt über die Lagune sahen wir riesige Vogelschwärme doch war dies im Vergleich Nichts hierzu, was wir in diesem Dschungel vorfanden. Als wir einige Meter Palmenufer hinter uns gelassen hatten, bogen wir durch hohes violett blühendes Gestrüpp in Richtung altem Baumbestand ab. Kaum waren wir unter den ersten hohen knorrigen Urwaldriesen angekommen, hörten wir das grandiose Konzert der fliegenden Geschöpfe.
Die Vögel hatten in den Baumkronen ein Paradies auf Erden, das sie in Massen zu bewohnen schienen. Hohe, singende Töne erreichten uns ebenso wie tiefere Akkorde, die eher an den Klang von Wildschweinen erinnerten. Doch es waren alles Vögel, die mit ihrer weißen Vogelkacke jeden Quadratzentimeter des Waldes bis auf den Boden hinab markierten.

Quer durch den Wald sahen wir die riesigen Krabben laufen, die im knorrigen Wurzelwerk ihre Heimat hatten. Für uns war der kleine Trampelpfad, der über Waldboden und angeschwemmte Korallen führte, wie eine kleine Durchschlagübung.
Wir von der VAVA-U waren auf Expedition!
Ein erhebendes Gefühl sich wie ein kleiner Entdecker zu fühlen. Martin, der seine Flipflops auf dem Boot vergessen hatte, konnte sich noch ein wenig ursprünglicher fühlen als wir, da er jede Erhebung des Atoll-Bodens verinnerlichen konnte.

Als wir aus den dichten dunkelgrünen Baumkronen hinaustraten, erstreckte sich nochmals ein schmaler Streifen Palmen und niederes Gestrüpp, bis wir auf der Außenseite des Atolls an einem beeindruckenden Korallenstrand ankamen. Am Vortag hatten wir genau an dieser Stelle geankert, doch nun konnten wir jedes Detail in Ruhe aus der Nähe bestaunen. Die helltürkise Gischt prallte an orange Felsformationen, die teils durchlöchert dem Meer unterschiedliche Wege an Land bot.
In der Ferne sahen wir Manihi während unsere Füße auf die riesigen Korallenbänke in weiß-orange-rot liefen. Jeder genoss auf seine Weise: am Strand entlanglaufen, lila Muscheln sammeln, hinsetzen und der Brandung zusehen oder auch träumend in die Ferne blicken. Ganz besonders wertvolle lila marmorierte Stifte, die wir ursprünglich als Muschelteile interpretierten, stellten sich später als dicke, stumpfe Primärstacheln des Griffel-Seeigels heraus. Einige dieser Stifte landeten ebenfalls als Erinnerung in unserem Gepäck.
Leider machte jedoch auch vor diesem paradiesischen Platz die Realität nicht Halt: auf der gesamten Strandlänge verteilt mussten wir die Rückstände des zivilisierten Lebens ertragen. Plastik in allen Variationen! Alte Zahnbürsten, schon von Korallen bewachsen, Flaschen, Schraubverschlüsse, Kanister usw. Es war traurig! Schon so oft hatte ich dies überall auf der Welt mit ansehen müssen, aber es tat immer wieder weh! Markus, der uns hiervon Erinnerungsfotos schoss, fand sein persönliches Andenken: den Korpus einer Barbie. Doch auch ich konnte mit einem ausgefallenen Exemplar dienen, denn auf der Suche nach lila- und rosafarbenen Muscheln, hob ich eine besonders hübsche pastellrosa Muschel auf, die mich völlig aus der Fassung brachte. Was war das denn? Das war doch gerade Fred Feuerstein! All meine Kindheitserinnerungen ließen sofort die Krawatte am Hals als eindeutiges Identifizierungsmerkmal erkennen. Fred Feuerstein war wohl einige Jahre im Meer unterwegs gewesen, hatte seine Farbe verloren und war von rosa Korallenbatzen umzogen. Barbie und Fred kamen somit als Erinnerung und Symbol unserer Müllproblematik mit an Bord!

Zum Abschluss stieg Martins Drohne empor und sorgte damit noch für die Luftperspektive eines wirklich besonderen Platzes. An Spinnen, Krabben und Vogelkacke vorbei (oder Martin direkt darüber) ging unsere Expedition zurück zum an die Palme gebundenen Dinghy. Dieser Besuch hatte sich mehr als nur gelohnt.

Als nächstes steuerten wir den Einfahrtskanal des Atolls an, denn dort sollte es ein ganz besonders schönes Riff geben, das uns zum Schnorcheln einlud. Mittlerweile nahm ich als die Leichteste in der Runde schon hinten im Dinghy Platz, damit ich nicht ganz so von den Wellen durchgerüttelt wurde, wenn unser Beiboot in die Wellen ging. Dennoch war ich nicht ganz so erfreut, als der Wind die Wellen etwas geformt hatte und ich mich erneut mit Kraft am Dinghy festhalten musste. Der einzige Vorteil schien mir, dass ich meine Muskeln so wieder etwas aufweckte. Doch wie so oft lohnte sich auch dieser „Ritt“ wieder.

Martin fuhr ans Ende des Einfahrtkanals und ließ die schnorchelwilligen von dort aus ins Meer, damit sie sich ins Atoll treiben lassen konnten. Felix und Chris waren sofort im Wasser, während Markus und ich mit Martin im Boot blieben. Irgendwie fühlte ich mich nach dem Ritt nicht stark genug um die Flossen zu schwingen. Martin hatte für mich jedoch die absolut gewinnbringende Idee: einfach mit Maske und Schnorchel den Kopf vom Boot aus ins Meer tauchen.
Klasse!
So beugte ich meinen gesamten Körper über den Rand, hielt mich rechts und links an den Griffen fest, während mein Kopf so halb unter Wasser war. Damit musste ich auf Nichts verzichten! Alle Details des Korallengartens und jeden einzigartigen Fisch konnte ich aufgrund des klaren Wassers erkennen. Riesige bunte Unterwassergeschöpfe zogen an uns vorbei (bzw. wir eher an ihnen) und wir vermuteten, dass es große Papageienfische waren, die uns am meisten begeistert hatten.

Nach einer kurzen Pause auf der VAVA-U besuchten wir noch das ca. 20 Minuten entfernte Dorf von Ahe, diesmal bei jedoch absolut ruhiger See! Wie wandlungsfähig das Meer sich uns binnen weniger Minuten immer zeigte… – dafür mussten wir um zur Ortschaft zu gelangen eine Regenfront kreuzen. Es war ein sanfter warmer feiner Nieselregen, der uns auserwählt hatte. Das Sommerregen-Konzert, das ich über die Kapuze meiner Regenjacke vernahm, zauberte mir ein Lächeln aufs Gesicht. Tiefe Zufriedenheit aufgrund all dieser besonderen Momente machte sich breit! Im Ort wurden wir unseren Müll los, durchstöberten einen kleinen Einkaufsladen und erwarben uns ein Passwort für den Hotspot-Platz des Ortes.
Ein wenig bedauerlich war, dass wir auch hier keinerlei frische Lebensmittel fanden. Über Gemüse hätten wir uns wirklich sehr gefreut – wir mussten es im nächsten Atoll erneut probieren.

Der internetfähige Platz umrahmte das Postamt und hatte glücklicherweise eine lange Holzbank mit Überdachung, so dass wir wie Hühner auf der Stange vor dem Regen geschützt Wifi hatten. Naja, zumindest fast! Während die Männer sich mit ihren Smartphones prima einloggen konnten, streikte mein Handy, was mich zugegebenermaßen echt frustrierte. Je länger man reiste, desto wichtiger wurden einem manchmal Kontakte zur Heimat, wichtigen Familienmitgliedern auch persönlich zu sagen, dass es einem gut ging. Ich schluckte meine Schwermut in den nächsten Minuten hinunter und versuchte den sich breit machenden Kloß im Hals nicht gewinnen zu lassen. Chris konnte immerhin allen schreiben, dass wir die Zeit an Bord genossen! Ein wenig tröstete mich der Gedanke, dass wir alle die uns wichtig waren immerhin mit unseren Geschichten im Blog auf dem Laufenden hielten.

Beim Weg zurück zum Dinghy konnten wir dann noch trockenen Fußes durch die Straßen und Gassen des kleinen Ortes gehen und spitzten in den ein oder anderen Hof hinein. Schweine waren mit Leinen an Palmen gebunden, Hühner liefen frei umher (Hunde natürlich sowieso!), Krabben verkrochen sich in ihre Erdlöcher und die Einheimischen fuhren mit ihren dreirädrigen Fahrrädern an uns vorbei. Eben ein typisches polynesisches Dorf!

Um 16:30 Uhr lichteten wir den Anker und starteten bei Wolken und aufkommendem Wind in eine aufregende Nacht…zumindest für mich. Denn ich hatte Martin gefragt ob wir aufgrund der Windstärke eine Nachtfahrt zu erwarten hätten, die der ersten unseres Törns entsprach. Ich erntete ein klares und ehrliches „Ja!“, was mich aufhorchen ließ. Zuerst freute ich mich als uns beim Auslaufen das Schwanken begrüßte und wir bis zu 10 kn nach dem Segel setzen erreichten. Meine anfänglichen Glücksgefühle musste ich jedoch bei Einsetzen der Dunkelheit in ein mulmigeres Empfinden eintauschen. Die Wolken über uns verhinderten einen Sternenhimmel, Mond war eh keiner mehr da und somit war ringsum alles schwarz! Eine völlig neue Erfahrung, noch dazu bei aufkommenden Böen bis zu 20 Kn (also wieder Windstärke 5) und einem Wellengang, den wir so noch nicht empfunden hatten.

Um 20 Uhr löste ich Chris von der Wache ab. Gekocht hatten wir nicht, niemandem war so recht nach warmen Essen gewesen. Daher nahm Chris als erstes den Weg in die Küche um sich ein Brot zu schmieren. Von meinem Beobachtungsposten sah ich ihm ein wenig zu, die anderen schliefen. Das Nutella-Brot in der rechten Hand haltend versuchte Chris wieder ins Cockpit zu gelangen. Just in diesem Moment erwischte uns mal wieder eine größere Welle, die Chris aus der Bahn warf. Zu meiner Belustigung durfte ich dies wie in Zeitlupe betrachtend mit ansehen! Um Balance zu halten stützte sich Chris mit dem Körper an der Küchentheke ab, was dazu führte, dass die Wucht des Aufkommens ihm das Brot aus der rechten Hand katapultierte. Mehrfach drehte sich dieses dann im hohen Bogen in der Luft bis Chris es in Sportlehrermanier äußerst geschickt auf seiner linken Hand wieder landen ließ. Natürlich mit der Nutella-Seite auf der Handfläche klebend!

Obwohl Markus und Felix im Cockpit schliefen, ich konnte einfach nicht anders, lachte ich lauthals los. Chris suchte meinen Blick: „Hast du das gesehen?“ Ich hatte! Und wie! Situationskomik auf See – unbeschreiblich für Außenstehende!
Doch rettete es mir so manche Stunde dieser Nacht, die für Martin übrigens mehr als im dunkelgrünen Bereich war.
Wenig später verkleinerte Martin dann die Segelfläche um langsamer zu werden, so dass wir weniger stramm mit dem Wind fuhren.
Was mir dann eine Wohltat war, kam Markus „arschlangsam“ vor, so unterschiedlich waren in diesen Stunden die Wahrnehmungen.
Jedenfalls fand ich Dank der Lautstärke und dem Heben und Senken des Bootes immerhin 2 Stunden Schlaf.

Juni

10

ANNETTE

Die Nacht im Atoll war sehr erholsam für uns gewesen. Jeder schien mehr als 9 Stunden Schlaf abbekommen zu haben, so dass wir fit genug waren um in unsere nächste Entdeckungsreise zu starten.

Um 8:30 Uhr liefen wir bei Sonnenschein aus Manihi aus um zur Nachbarinsel Ahe zu segeln. Glücklicherweise hatten wir genug Wind um direkt nach dem Auslaufen das Segel zu setzen und mit gemütlichen 5 bis 6 Kn Kurs auf Ahe zu halten.

Unser erstes Ziel war die Begehung eines sehr alten Waldes, der noch Baumbestand zeigen sollte, wie es ihn wohl vor der Ansiedlung der Palmen überall auf den Atollen gegeben hatte.
Da das Einlaufen in Ahe aufgrund der Strömungen erst ab 15 Uhr empfohlen wurde, wollten wir vor dem Atoll in der Nähe des Waldes ankern und mit dem Dinghy an Land gehen. Bereits von der Ferne sahen wir durch das Fernglas den dunkelgrünen Hügel des Waldes, der sich hinter dem palmengesäumten Strand erhob. Ganze Heeresscharen an Vögeln schienen über den Bäumen zu kreisen. Zuversichtlich holten wir das Segel herunter und tuckerten mit dem Motor auf den Palmenstrand zu. Doch je näher wir dem Ufer kamen, mussten wir erkennen, dass ein Anlegen mit dem Dinghy völlig ausgeschlossen war. Die ans Ufer schwappenden helltürkisen Wellen suchten sich ihren Weg über Riffe und geschlossene Steinschichten. Außerdem war der Strandabschnitt an dieser Stelle recht steil. Es tat sich einfach keine einzige sichere Anlegestelle auf, aber ene kleine Sandstelle zum Ankern!

 

Doch trauerten wir dieser Idee nicht lange nach sondern stürzten uns sofort in das frische Nass, welches uns mit atemberaubender Klarheit in einen Korallengarten einlud. Meine Vorfreude stieg rasant an als ich mit Flossen, Schwimmbrille und Schnorchel in das türkisblaue Wasser eintauchte. Unter uns eröffnete sich eine brillante Unterwasserwelt, die in mir Erinnerungen an die Korallengärten der Philippinen weckte, außer dass das Wasser hier viel leuchtender zu sein schien. Eine Weile dauerte es bis sich unsere Augen nicht mehr vom Ozeanblau ablenken ließen und sich ganz auf die zauberhafte Welt in pastellrosa, – lila und -grün einstellten. Das riesige Außenriff, von dem wir sicherlich nur einen Bruchteil gesehen hatten, zeigte sich gesund und vielfältig. Zwar schwammen nicht Scharen an Fischen an uns vorbei, doch die wenigen Größeren waren nicht so schreckhaft als anderswo. Mehr als eine Stunde ankerten wir an diesem Riff bevor wir uns zur Einfahrt ins Atoll aufmachten.

Der Wind hatte sich zum Aufbruch komplett verabschiedet, so dass wir kein Segel mehr setzen konnten. Wie ein Ausflugsdampfer tuckerten wir daher an den endlos scheinenden Sandstränden von Ahe entlang, bevor wir um 15 Uhr in das Atoll einfuhren und uns einen hübschen Ankerplatz suchten. Den Ersten, den wir wählten, mussten wir wieder verlassen, da wir zu nahe an einer Perlenzucht waren. Drei junge Männer hatten uns mit einem kleinen Motorboot aufgesucht, um uns zu bitten 100 m weiter entfernt den Anker zu setzen. Beim zweiten Versuch klappte es dann, wir waren im nächsten Atoll angekommen.

Wir entschieden uns mit dem kleinen Ausflugsboot zu einer türkis schimmernden Bucht innerhalb Ahes zu fahren. Wie wir feststellen mussten, war es gar nicht so leicht auf direktem Weg an den Strand zu kommen. Überall blockierten Riffe und Korallenbänke unsere Fahrspur, so dass wir Schlangen-Linien fahrend etwas länger brauchten. Zwar fanden wir keinen hervorragenden Schnorchel-Spot vor, doch landeten unsere Füße direkt bei Verlassen des Dinghys in weichem orange gefärbten Sand. Terracotta-Farben, wie Chris feststellte. Als ich ins Wasser abtauchte, während die Männer die Drohe über Ahe steigen ließen, sah ich auch den Grund für die Färbung. Am gesamten Boden der flachen Bucht verteilten sich kleine hübsche orange-rote Korallen.
Uns besuchte dann noch ein Octopus im seichteren Wasser und eventuell auch ein kleiner Baby-Manta, wie wir dem Schlagen der Flügel auf der Wasseroberfläche nach urteilten.

Auf dem Weg zurück zur VAVA-U saßen wir mit unserem kleinen Ausflugsboot fast auf den Korallenbänken auf, was wir Dank dem Anheben des Motors und den beiden Paddeln an Bord geschickt zu verhindern wussten.
Unser 8. Abend an Bord lief sehr entspannt an: wir hörten Musik im Cockpit, bereiteten unsere Hähnchenschenkelchen zu und genossen die Zeit. Vielleicht lag es auch am absolut perfekten Übergang in die Nacht, denn hinter der Palmenreihe, auf die wir sahen, ging in atemberaubender Schönheit die Sonne unter. Sogar ein leuchtendes Lila hatte sich mit eingemischt.