Aug.

20

HausAiStratos

HausAiStratos

Beim Morgenfrapé im Kafenion treffen Simmerl und ich auf einen Einheimischen, der uns einen Bildband mit alten Aufnahmen der Insel, vor allem Portraits ihrer Bewohner zeigt. Auf meine Bitte um Erläuterung einiger Fotos, erhalten wir eine lebendige und sehr persönliche Führung durch die Inselgeschichte von 1940 bis 1970. Wir hören von einer blühenden Dorfgemeinschaft, unabhängig und in der Lage, von ihren eigenen Produkten zu leben. Von Familiengeschichten und Bräuchen, Freude und Trauer, alles wunderbar illustriert von den eindrucksvollen Portraits des Fotografen Vasilis Manikakis. Dann der Schnitt und die Zerstörung des Dorfes und seiner Lebensgemeinschaft durch ein schreckliches Erdbeben und die Vollendung der Zerstörung durch die Bulldozer der Militärjunta.

Erdbeben

Erdbeben

Und wir hören vom täglichen Kampf, die Insel am Leben zu halten und dem Willen ihrer Bewohner, sie wieder zu dem zu machen, was sie einst war. Tief beeindruckt danken wir unserem Führer für diese Zeitreise, der, wie sich im Gespräch herausstellt, der Sohn des Fotografen, Vyron Manikakis, ist.
Zurück am Boot finden wir auf der Gangway eine Morgengabe, Feigen und einen Blumenstrauß. Unser Hafenpolizist? An wen auch immer, danke für den bezaubernden Abschiedsgruß.
Gegen Mittag legen wir ab in Richtung Sigri auf Lesbos. Der Wind weht mit 20 bis 25 Knoten, wir sind unterwegs mit Fock und einem Reff im Groß. Der Rest ist schnell erzählt. Ich werde seekrank, Totalausfall. Kurzfristig macht auch Simmerl mir meinen Eimer streitig, erholt sich aber rasch wieder.
In der südlichen Einfahrt von Ormos Sigri grüßt ein Wrack vom Felsen, fast wie ein Mahnmal. Im letzten Abendlicht wirkt Sigri einsam, fast abweisend, sehr nördlich. So sind auch die Wassertemperaturen, nur noch 25°C. Ich überlege ernsthaft, ob ich auf das Abendschwimmen nicht verzichte.

Wrack

Wrack

POS am Abend:  39°13.273’N, 025°51.196’E, Ankern in Ormos Sigri auf Lesbos
Etappe:  49 sm; davon unter Segel: 45 sm unter Motor: 4 sm

Aug.

19

Unser nächstes Etappenziel ist die kleine Insel Agios Evstratios, 29 sm südlich von Limnos. Das Hafenhandbuch weiss dazu, dass ein Großteil der Gebäude 1968 von einem Erdbeben zerstört wurde und derzeit ca. 300 Menschen auf der Insel leben, vorwiegend im Fischerdorf am Hafen.
Mit Wind aus NE segeln wir unter Blister direkt auf unser Ziel zu.

Hafen AiStratos

Hafen Evstratios

Nach Runden der äußeren Mole empfängt uns ein hübscher kleiner Hafen mit einigen alten Häuschen direkt am Kai und ein Hafenpolizist, der mit aufrichtigem Bedauern erklärt, dass in seinem Hafen für so ein großes Schiff kein Platz mehr an der Mole ist. Einige Überlegungen später findet sich dann doch noch eine freie Stelle direkt neben dem Fähranleger. Der Marinaio hilft beim Festmachen, entschuldigt sich für die „Unannehmlichkeiten“ und verschwindet. Wir bleiben staunend zurück. So ein höflicher Hafenpolizist ist selbst Martin in seiner langen Seglerzeit noch nicht begegnet.

Fähre AiStratos

Fähre Evstratios

Ai Stratos_Krake

Hafen Evstratios_Krake

Bei einem abendlichen Rundgang treffen wir auf viele, vorwiegend junge Griechen, die hier wohl ihren Urlaub verbringen.
In einer Bar am Kai lassen wir den Abend ausklingen, hier stößt auch „unser“ Hafenpolizist zu uns. Wir plaudern, erfahren viel Interessantes über Griechenland und die Insel, unter anderem, dass allein in diesem kleinen Hafen sieben Polizisten Dienst tun. Gegen zwei Uhr morgens machen wir uns auf den Weg in unsere Kojen, am Kai herrscht noch immer reges Treiben.

POS am Abend:  39°32.403’N, 024°59.210’E, Fest mit Buganker und Heckleinen in Agios Evstratios
Etappe:  25 sm; davon unter Segel: 23sm, unter Motor: 2 sm

Aug.

18

Drink_Vorschiff

Drink_Vorschiff

Wir verholen uns in eine 5 sm entfernte Badebucht. Es ist flau, so fahren wir unter Motor. Gegen Mittag schwimmen Carola, Martin und Simmerl an Land, um den Strand mit seinen Bars zu inspizieren. Inspiriert von dem Spot mit der Kreditkarte in der Badehose hat Simmerl 15 Euro verstaut. Laut Preisliste der Strandbar zahlt man für einen Caipi 7 Euro, der Barkeeper bietet an, drei kleinere für je
5 Euro zu mixen. Diese reichen jedoch, die Drei für den Rest des Nachmittags völlig auszuknocken.

Strandbar

Strandbar

Nach dem Abendessen mit Aperitif auf dem Vordeck sehen wir uns die Spionagegeschichte von Mrs. und Mr. Smith an, ich schlafe, wie immer, vor dem Fernseher ein. Daher zum Rest des Abends ein Text von Martin: „Nachts spiegelglattes Wasser – ölig und ‚tausende‘ Fischer mit ihren Lichtern auf der Kimm – darüber der immer wieder faszinierende Sternhimmel mit dem zunehmendem Mond.“

POS am Abend:  39°50.327’N, 025°04.679’E
Etappe:  5 sm – unter Motor

Aug.

17

Gegen 6 Uhr morgens weckt mich das Geräusch einer ankommenden Fähre. Neugierig auf unseren Liegeplatz gehe ich an Deck. Es ist noch dämmrig. Vom Kai grüßt das Hotel Lemnos mit meterhoher Leuchtreklame. Ansonsten wirkt die Wasserfront von Mirina verschlafen und erinnert an das Griechenland vor 20 Jahren. Der weiträumige Hafen ist umgeben von Hügeln die, ganz im Gegensatz zu den üppig bewaldeten grünen Hängen der Chalkidiki, nur spärlich mit Gras und niederen Sträuchern bewachsen sind, die im Laufe des Sommers den Ockerton des Bodens angenommen haben. Langsam geht die Sonne hinter einem alten Wehrturm auf, ich gehe unter Deck und hole noch zwei Stunden Schlaf nach …
Stunden später entdecken wir bei einem Spaziergang ein ganz anderes Städtchen. Die verwinkelten, basarähnlichen Gässchen lassen die Nähe zur Türkei spüren. Alles ist sehr lebendig, andere Sprachen als Griechisch sind allerdings kaum zu hören.

Limnos 1

Limnos 1

Limnos

Limnos

Gegen Abend werden die Temperaturen erträglicher. Carola, Martin und Simmerl brechen auf zu einer kleinen Bergtour zu dem über der nördlichen Hafeneinfahrt gelegenen Kastell. Anschließend geht es zur abendlichen Volta. Vom Kleinkind bis zum Greis ist jetzt alles unterwegs. Wir suchen uns einen Platz in einer Taverne am alten Fischerhafen und schauen bei ein paar Mezedés dem Treiben zu.

Burg

Burg

Mond 2

Mond 2


POS am Abend:  39°52.360’N, 025°03.566’E, Ankern in Hafen Mirina auf Limnos, 5m WT
Etappe:  72 sm; davon unter Segel: 12 sm unter Motor: 60sm

Aug.

16

Nach einem ausgiebigen Frühstück und einem längeren Morgenbad verlassen wir unsere Lagune und brechen auf nach Limnos. Ein Teil der 72 sm langen Strecke führt entlang der Westküste der Mönchsrepublik Athos. Wie Perlen aufgereiht liegen hier die eindrucksvollen Klöster in unmittelbarer Ufernähe. Sightseeing pur, auch für Mädels. Auf halber Strecke überholt uns ein Schlauchboot, stoppt auf und einer der zwei uniformierten Insassen weist höflich, aber bestimmt darauf hin, dass zur Küste ein Mindestabstand von 500 Meter einzuhalten ist – wussten wir doch …. Nach nochmaliger Schiffsumrundung drehen sie ab.

Athos 1

Athos 1

Athos 2

Athos 2

Am Südkap kommt etwas Wind auf, Blisterwind. Die Freude währt jedoch nicht lange. Später versuchen wir es mit Fock und Groß, die wir nach Winddrehern von 180° gegen ein Uhr morgens bergen. Den Rest der Strecke fahren wir, wie bisher, unter Motor.

Blistersegeln

Blistersegeln

unter Segel

unter Segel

Simmerl und ich teilen uns die erste Wache. Ich bin völlig nervös, obwohl Martin alles Wissenswerte ausführlich erklärt und bei eventuellen Problemen jederzeit zu wecken ist. Anfangs bin ich permanent unterwegs zwischen Luv- und Leeschwimmer, das Fernglas vor Augen, um plötzlich aus dem Nichts auftauchende Hindernisse rechtzeitig zu erkennen. Checke ständig die elektronische Seekarte, auf der per AIS-Signal die großen Pötte angezeigt werden – erleichtert, dass sich keine gefährlichen Schiffe in unserer Nähe befinden und potentielle Kollisionen erst Stunden später stattfinden. Langsam stellt sich das Gefühl ein, alles im Griff zu haben und jetzt kann ich auch den wunderbaren Sternenhimmel genießen, dem Mond zusehen, wie er langsam im Wasser versinkt und Sternschnuppen zählen.
Gegen zwei Uhr begleitet uns eine Gruppe von Delphinen für eine längere Strecke, wir locken sie mit der Taschenlampe und bilden uns ein, dass sie dem Licht nachschwimmen.
Obwohl ich meine, noch stundenlang Wache gehen zu können, schlafe ich sofort nach der Ablösung ein und werde erst wieder vom fallenden Anker geweckt. Angekommen auf Limnos …

POS am Abend:  auf See mit Kurs Mirina auf Lesbos