By Stefan
Tag 14 – Fr 02.12.11
POS 00:00 UTC: 17 10,261N und 038 22,366W
Wind 080 18Kn, KÜG 255, FÜG 6Kn Passatbesegelung (Ge, Fo+St-Fo)
Etmal: 137sm
An Lektüre, Büchern und Reiseführern über die Ägäis, Karibik und den Segelrevieren der Welt sowie der Typologie der Ozeane mangelt es auf blu:kat nicht. Vor mir rutscht Marco Polo „Karibik“ auf dem Tisch hin und her. Zunächst lese ich ein mitgebrachtes Buch über die „Weisheit der Gefühle und die Kraft der Intuition“ von Gerd Gigerenzer. Humorvoll und mit einem Augenzwinkern schreibt der Autor über Bauchentscheidungen.
Heute beende ich mein zweites Buch, „Verschollen im Atlantik“. Die wahre Geschichte eines Schiffbrüchigen, der 76 Tage ums Überleben kämpft, schlussendlich vor Guadeloupe gerettet wird. Eine Geschichte von grauenvoller Einsamkeit und Angst, aber auch von der Großartigkeit des Meeres und der scheinbaren Unendlichkeit des Himmels. Es liest sich auf See sicher anders als an Land, mit ausreichend Abstand zu den Naturgewalten. Danke Alex, es ist bereits durch drei Hände gegangen an Bord der blu:kat.
Nun brauche ich Pause, widme mich wieder meinen Gedanken, tippe diese in das MacBook. Dann liegt da noch David Roberts „Shantaram“ was mich mit 1085 Seiten abschreckt, werde es aber in Angriff nehmen. Kein Buch ist wohl so interessant wie das Leben, man muss nur genau hinsehen, dennoch bereichert es das Spektrum, schult Wort und Schrift und regt bisweilen an.
By Michael
Gestern war so viel auf dem Programm, das wir gar keinen weiteren Blogeintrag geschrieben haben. Das will ich kurz nachholen:
Seglerisch keine besonderen Vorkommnisse. Bei Tagesanbruch schlief der Wind etwas ein und blies den Tag über mit 12-18Kn. Damit schaffen wir eine durchschnittliche FÜG von 5-6Kn.
Am Vormittag hatten wir bei Skipper Martin eine Unterrichtsstunde „Knotenkunde“. Selbst für mich, der lange Jahre aktiv gesegelt ist, gab es die eine oder andere Wissensauffrischung. Oder könnte jemand von Euch Bloglesern aus dem Stand die drei Grundlagen eines seemännischen Knotens benennen? Die Segellehrer unter Euch werden es schon wissen, aber wer sonst noch? Und ich weiß jetzt, wie in einem Rutsch ein Palstek gemacht werden kann. Wie ich am Anfang der Reise das erste Mal bei Martin gesehen habe, wie schnell er einen Palstek im Tampen hatte, war ich überrascht. Aber, alles kein Hexenwerk. Kann man alles lernen. Und, Übung macht den Meister.
Beim Kochen haben wir bis jetzt uns alle versucht. Über meine Kochkünste decken wir mal den Mantel des Schweigens. Stefan hat gestern Spagetti et Olio gemacht, hätte kein Italiener besser machen können. Salat wurde von Martin beigesteuert, schon war unsere Mittagsmahlzeit komplett. Anlässlich unserer Halbseemeilendistanz haben wir einen spanischen Sekt für Besanschot an verwendet und den Rest zum Mittagessen getrunken.
Abends hatten wir dann Kino. Aus der ausreichend bestückten Videothek des Skippers haben wir uns den Film „Der Schakal“ ausgesucht. Die Filmkenner unter Euch werden nun fragen: Welchen von beiden? Es war die amerikanische Version. Wir sind jetzt seit fast 14 Tagen von der Informationsflut der Medien abgeschnitten, da haben wir es richtig genossen, einmal einen unterhaltsamen Film zu sehen.
So, liebe Leute. Meine 02-04 Wache geht dem Ende entgegen. Gerade habe ich Rainer geweckt, und wenn er die Wache übernommen hat, werde ich meinen unterbrochenen Schlaf weiterführen. Mal sehen, was der neue Tag so bringt.
By Rainer
Logbucheintrag Erdenzeit UTC 04:53
Kaum Sterne es ist diesig. Tropisch fast feucht. Die Beständigkeit mit der der Passatwind weht seit Tagen, seit Jahrtausenden ist faszinierend. Darauf ist Verlass auf dieser Mutter Erde. Und wie Surreal es ist mitten auf dem Atlantik einen Thriller auf dem Bordscreen zu sehen. Auf diesem läuft sonst der Kurs auf der Weltkarte und die Spannung der Bordbatterie kann unteranderem abgerufen werden. Ich habe einen derart weiten Abstand zum Nonsens des alltäglichen Lebens, dass ich die Spannung des Films körperlich wahrgenommen habe. Das äußerte sich in kalten Füssen, Achselschweiß und Anspannung der Bauchdecke. Dabei war es nur ein Film .Wie einfach und doch gnadenlos mein eigener Lebensfilm dagegen ist. Haben wir Flaute? Haben wir Süßwasser? Haben wir ne neue Wetterkarte?
Sind wir gesund an Bord in Körper und Geist? Etc. Ich nehme mir vor die Einfachheit auch noch mehr in meinen Alltag in Europa einfließen zu lassen. Wir, die Gattung Mensch macht sich zu wichtig auf diesem Planeten! By the way Lebensfilm, der Stefan weiß noch nicht, dass wenn er „Shantaram“ anfängt zu lesen, er erstens in einen wirklichen spannenden Lebensfilm einsteigt und zweitens nicht mehr an Deck auftauchen wird : Es ist Zeit ne Banane von Deck zu pflücken und den obligatorischen Fernglashorizontrundblick zu tätigen.
PS Gratuliere zum Geburtstag Hardy!
Ende Logbucheintrag Erdenzeit UTC 05:16
Es ist ein Geschenk, euren Blog jeden Tag lesen zu dürfen. Ob ihr’s glaubt oder nicht, Eure Gedanken wirken weit entfernt. Danke für’s Teilhaben lassen und frohes Bergfest von einer Landratte, Alex